Sonntag, 21. Juli 2013

Leipzig - Ort der Friedlichen Revolution 1989


An meinem letzten Tag in Leipzig steht für mich noch einmal die jüngste Vergangenheit im Mittelpunkt.
Zuerst besuche ich das Zeitgeschichtliche Forum (Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland), das schon von meinem ersten Tag an, mein Interesse durch das vor den Ausstellungsräumen aufgebaute Kunstwerk „Der Jahrhundertschritt“ erweckte.

 Wolfgang Mattheur: Der Jahrhundertschritt
 (im Hintergrund der Naschmarkt und das Alte Rathaus)

Die Skulptur wurde von Wolfgang Mattheuer 1984 geschaffen. Mich spricht diese Figur mit eingezogenem Kopf, Hitlergruß, sozialistischem Marschschritt und geballter Faust unmittelbar an. Die Benennung „Der Jahrhundertschritt“ fügt noch eine Bedeutungsebene zu diesem ausdrucksstarken Kunstwerk hinzu.
Die Ausstellung innen informiert über die Zeit nach 1945 in der DDR.  Die dargestellten Lebensläufe berühren. Die Art der Präsentation ist ebenfalls gelungen, sehr anschaulich und persönlich.


Im Anschluss nehme ich an einer Führung „Auf den Spuren der Friedlichen Revolution 1989“ teil, die vor der Nikolaikirche beginnt.
Unsere Führerin hatte damals selbst an der Besetzung der Stasizentrale teilgenommen. Sie erzählt uns von ihrer Herkunft aus einer evangelischen Pfarrersfamilie, ihrem Engagement in der Kirche, was ihren Kindern im Jahre 1989 bei den Demonstrationen widerfuhr und geht mit uns die wichtigsten Schauplätze des Jahres  1989 ab.


 Die Nikolaikirche - hier fanden die Montagsgebete statt - anschließend zogen Demonstrationen durch die Stadt  -  der Radius wurde immer größer



Fazit: Nicht erst die großen Demonstrationen im Oktober (70000 Menschen am 9. 10./ 120 000 am 16.10.) brachten das Ende der Diktatur. Schon zuvor läuteten viele kleine Aktionen dieses Ende ein.
Es wird aber auch deutlich, welchen Mut die Menschen aufbrachten und welche Gefahr bestand.

Am Ende meines Leipzigs Aufenthaltes bin ich sehr froh, hier fünf informative und berührende Tage in dieser – für Deutschland so wichtigen – Stadt verbracht zu haben. 

Samstag, 20. Juli 2013

Leipzig - Im Stadtmuseum


In den frühen Nachmittag starte ich erst einmal mit Einkäufen. Im Petersbogen habe ich zuvor ein Geschäft von Viba entdeckt, mir bereits aus meinem Naumburg und Weimar Urlaub als Hersteller leckerer ostdeutscher Nougatprodukte bekannt. Hier will ich ein paar Mitbringsel für Freunde besorgen.

 Einkaufen in der Passage Petersbogen - mit Durchblick auf das Neue Rathaus


Danach geht es zu einem Jenaer Glasladen, den ich mit einem Obstteller und zwei hot and cool - Gläsern wieder verlasse.
Anschließend bin ich wieder für mehr Bildung zu haben. Es ist immer noch herrlich sommerlich warm, aber nun will ich in das Stadtgeschichtliche Museum im Alten Rathaus.
Propaganda in der DDR
Ganze zwei Stunde verbringe ich hier – eigentlich zu wenig, aber das Museum schließt um 18:00 Uhr. Die Ausstellung auf zwei Stockwerken in hervorragend präsentiert.
Was mich an Stadtmuseen generell begeistert, ist, dass allgemeine geschichtliche Entwicklungen hier konkret und anschaulich erfahrbar werden, z. B. wird die Industrialisierung  hier am Beispiel des Wirkens Karl Heines und der Entwicklung Plagwitz dokumentiert.
Entsprechend der Größe und Bedeutung Leipzigs sind hier im Grunde alle Abteilungen wichtig: Leipzig in der Zeit der Aufklärung (Leibniz, Bach, Goethe), Leipzig zur Zeit der Napoleonischen Kriege (Völkerschlacht), Leipzigs Industrialisierung, Leipzigs Entwicklung zur modernen Mustermesse, Leipzig in der Novemberrevolution 1918, natürlich die DDR Zeit, die friedliche Revolution 1989 und die Entwicklung danach.
Ein paar Impressionen:
-        Das Ende des 1. Weltkrieges und der Kapp Putsch 1920 wird mit Hilfe dreier Zeitzeugen präsentiert – Schauspieler sprechen für historische Personen, die in ihrer Einstellung gut dokumentiert sind, z.B. die Bilanzbuchhalterin Ida Hartmann, die 1914 – 1924 ein Tagebuch verfasste
Schauspieler sprechen von Bildschirmen die historischen Rollen

-        Die Propaganda in der DDR: „Oh, das ist ja fein – unser Speiseplan wird immer umfangreicher durch die Importe aus der Sowjetunion“ – „Mir schmeckt`s – denn ich trinke die gute Konsum Kaffee – Ersatzmischung“.



Nach dem Museum genieße ich das lebendige Treiben auf dem Thomaskirchhof bei Sonnenschein.


Leipzig - In Auerbachs Keller


Als Goethe Fan will ich natürlich Auerbachs Keller besuchen. Die historische Weinstube wurde 1525 von Dr. Stromer von Auerbach als erste „Kneipe“ für Studenten eingerichtet (in den Ratskellern hatten die Studenten als „niederes Volk“ keinen Zutritt). Schon bald wurde dieser Ort mit Dr. Fausts Weinritt aus einem Leipziger Weinkeller in Verbindung gebracht und auch schon im 16. Jahrhundert zu Werbezwecken benutzt.

Mephisto und Faust - in der Mädler Passage - am Eingang von Auerbachs Weinkeller

Als Goethe 1765 – 68 hier studierte, besuchte er den Weinkeller, wo sich schon damals die heute gezeigten Bilder von Faust (Mephisto als Hund) befanden.

Diese Bilder hatte schon Goethe im Blick

1913 wurde Auerbachs Hof abgerissen und vom Koffer Hersteller Mädler mit einem großen Messehaus überbaut. Da sich großer Protest ergab, integrierte er den historischen Weinkeller und fügte noch einen großen, neuen hinzu. Um in den alten Teil zu gelangen, muss man sich zu einer Führung anmelden. Ich bin etwas skeptisch, weil ich eine Sammlung seichter Anekdoten vermute, aber tatsächlich informiert die Angestellte des Hauses kenntnisreich.
Ich bin froh, dem jungen Goethe nahe zu kommen, und beschließe diese Runde mit einem Essen im großen, neuen Teil des Kellers.


Freitag, 19. Juli 2013

Leipziger Stadtatmosphäre und Leipzig am Abend


Nach einigen Tagen in Leipzig ein paar Worte zu Atmosphäre und Charakter der Stadt. Baulich ist Leipzig – wie schon erwähnt – durch Gründerzeitarchitektur, Reste älterer Bauten und moderne gut angepasste Gebäude geprägt. 

Das Alte Rathaus am Abend

Doch was sonst noch auffällt, sind die Menschen!

Die Stadt präsentiert sich sehr jung und lebendig. In all den Tagen habe ich viele Kinder in der Stadt gesehen, Frauen mit Kinderwagen, junge Familien. Natürlich auch viele junge Erwachsene, die zur Gruppe der 40000 Studenten und Fachschüler gehören. Menschen stehen oder sitzen in kleinen Grüppchen und unterhalten sich, andere sind auf dem Rad unterwegs. Die Innenstadt ist ein Ort sozialen Lebens, nicht nur des Einkaufens.

Obwohl sicher auch jede Menge Touristen da sind, hat man nicht den Eindruck, dass die Innenstadt überlaufen ist. Leipzig ist auch international. Im Hotel, in den Restaurants und in den Straßen höre ich immer wieder Englisch, Französisch, Italienisch.


Was besonders zur Atmosphäre beiträgt, sind die vielen Straßenmusiker, die bis in die Abendstunden hinein für Abwechslung sorgen. Dabei vielfach kleine Gruppen aus drei, vier Musikern. Angesichts der Qualität der musikalischen Darbietung halte ich diese für Musikstudenten.

Eine Gruppe Musiker vor der Thomaskirche

Besonders stimmungsvoll ist natürlich der Bummel durch die Lichterstadt am Abend, den ich auch heute wieder genieße.


Abendliche Impressionen

Im Leipziger Zoo


Der Leipziger Zoo gehört zu den renommiertesten Zoos Deutschland, bekannt auch durch die vielen Zoosendungen wie „Tiger, Panther und Co“, die seit Jahren vom MDR produziert werden. Immer wenn ich krank bin, sehe ich mir diese Sendungen als gute Laune Programm  im TV an.

 Pinguine begrüßen mich hinter dem Eingang

Heute also will ich den Zoo live erleben. Ein Vorhaben für den ganzen Tag. Der Leipziger Zoo ist auch einer der ältesten deutschen Zoos, hat sich jedoch vorgenommen, sich mit Themenbereichen zum „Zoo der Zukunft“ zu wandeln.
Vor zwei Jahren wurde die Erlebnislandschaft „Gondwanaland“ geschaffen, unter einem Dach erlebt man eine riesige Tropenlandschaft, mit einem Fluss und Regenwaldpflanzen. Im Internet habe ich mir dazu die virtuelle Zoowerbung bei YouTube angesehen. Doch was davon kann man wirklich erleben?


Das Tropenhaus ist schwül – warm und empfängt mit etwa 27 Grad. Die Fahrt auf dem Fluss Gamalil macht großen Spaß und ich kann gar nicht genug fotografieren. 

Wie hat man es nur geschafft, diese gigantischen Pflanzen zu implementieren? Anschließend wandere ich über den Baumwipfelpfad und sehe mir das Ganze von oben an.



Nach Gondwanaland besuche ich Pongoland – hier gibt es einen neuen Bereich für die Affen - und eine Savannenlandschaft für Giraffen. Andere Bereiche warten noch auf eine Überarbeitung. Gelegenheit unterwegs etwas zu essen und zu trinken findet sich reichlich. Insgesamt verbringe ich 7 Stunden in diesem wirklich empfehlenswerten Zoo. Ich nehme mir vor, bei der nächsten TV Sendung aus dem Leipziger Zoo nach mir nun Bekanntem zu suchen.


Die Gorillas bleiben auch in Pongoland auf Distanz, das trinkende Häschen ist nur 20 cm entfernt.




Donnerstag, 18. Juli 2013

Leipzig - Stasimuseum: Macht und Banalität // Neue Architektur am Abend


Am Nachmittag besuche ich das Stasimuseum in der „Runden Ecke“. Dieses Gebäude wurde 1913 für eine Versicherung erbaut und seit 1950 vom Ministerium für Staatssicherheit genutzt. Das Museum wird vom Bürgerkomitee geleitet, das auch damals das Haus besetzte und im Dezember 1989 dafür gesorgt hat, dass die Akten nicht von der Stasi vernichtet wurden.


Ich erfahre die wichtigsten Daten aus dem Herbst 1989 – sicher, habe ich alles schon mal gehört, aber hier vor dem historischen Schauplatz wirkt alles lebendiger. Die Ausstellung wurde schon 1990/91 vom Bürgerkomitee angelegt – auch das sorgt für authentische Atmosphäre.
Einige Details:
-        Wer als Besucher das Gebäude betrat, konnte es nicht mehr selbständig verlassen – die Tür hatte keinen Griff nach innen.
-        1989 hatte die Stasi 1,5 Mio. Schuss Munition gelagert (für 500000 Leipziger)
-        Jeder Westbrief wurde gelesen – 100% Überwachung
-        Aus strategischen Gründen wurden manchmal Geldsendungen aus dem Westen durchgelassen – aber jedes Jahr nahm die Stasi 180 000 DM durch das Nichtweiterleiten von Geldbriefen ein
-        1989 gab es 1000 private Telefonanschlüsse in L. – 350 konnten immer gleichzeitig abgehört werden – die Kassetten für die Aufnahmen wurden aus Westpaketen genommen (oftmals Kassetten mit Weihnachtsliedern!)
-        Es gab 2400 offizielle Mitarbeiter und 10000 IM (inoffizielle Mitarbeiter) in Leipzig
-        Die „Geruchskonserven“ (Körpergeruch von Oppositionellen) und der operative Bauarbeiterkoffer (Verkleidung als Bauarbeiter bei Observation) wirken aus heutiger Sicht geradezu komisch - und machen den Titel der Ausstellung (Macht und Banalität) verständlich.




 Auf den Stufen der "Runden Ecke" stellten die Demonstranten damals die Kerzen ab.


Am Abend esse ich im Drallewatch – Viertel im „Arabischen Coffee Baum“ – die Sonne scheint, Leute flanieren, ein Brunnen plätschert – also ideale Entspannung.


Anschließend bummele ich noch einmal durch die Innenstadt und erkunde weitere Ecken zu Fuß, wie z. B. das Neue Rathaus, die Moritzbastei und die Einkaufsstraßen. Auch die neuerbauten Shopping Bereiche überzeugen mit bemerkenswerter Architektur. Fazit: Als Einkaufsstadt muss sich Leipzig bestimmt nicht verstecken – hier besteht ein exklusives Angebot, das- wie ich finde -  mit Hamburg mithalten kann.


 Das Neue Rathaus auf dem Burgplatz - sieht selbst aus wie eine Burg (Bau 1905)


 Am Abend sieht die Einkaufsstraßen leer - und die Fassaden geraten in den Blick.





Leipzig im Überblick


Heute früh habe ich einen geführten Rundgang durch die Leipziger Altstadt gebucht. Im Anschluss dann noch eine Rundfahrt durch die angrenzenden Stadtteile.
Mit der Führung bin ich sehr zufrieden, denn der Guide ist kompetent und so erfahre ich noch viele Details, die mir bei meiner eigenen Besichtigung verborgen geblieben sind. Auch die neuen Gebäude werden angesprochen.
Der neue Museumswinkel mit dem Stadtgeschichtlichen Museum und dem Museum für bildende Künste wurde erst vor 11 Jahren erbaut. Vor dem Kunstmuseum fallen mir die ungewöhnlichen Eichen auf – Eichen in Zypressenform. Eine Nachfrage ergibt, dass es extra gezüchtete Säuleneichen sind. Diese Bäume komplementieren die ausdrucksstarke Architektur.  Altes und neues geht eine ansprechende Symbiose ein, jedes der neuen Gebäude fällt durch eine interessante, individuelle Architektur auf, die sich in das alte Stadtbild hervorragend einfügt.


Die neuen Brühlschen Höfe rechts haben in der Glasfassade die Skizze eines älteren Vorgängerbaues eingraviert


Säuleneichen vor dem Museum der bildenen Künste - gerade gibt es wieder eine interessante Wagnerausstellung - es ist ja auch das Wagnerjahr (200. Geburtstag) 

Als neues Element der Infrastruktur wird der Citytunnel angesprochen, der unter dem Marktplatz durchgeführt wird und Ende 2013 fertig sein soll. Ein ehrgeiziges Projekt, das die ganze Region mit einem schnellen S – Bahn verkehr versorgen wird.
Nach Erläuterungen der wichtigsten Sehenswürdigkeiten geht es in den Bus zu einer 1,5 stündigen Rundfahrt. Die vielen Daten und Fakten möchte ich mir am liebsten alle behalten. Hier ein paar der für mich eindrucksvollsten:
-        Leipzig hat 15000 denkmalgeschützten Häuser, 85% sind saniert
-        80% sind Gründerzeitbauten (die Fahrt durch das Waldstraßenviertel und die Industriearchitektur in Plagwitz!)
-        Das Völkerschlachtdenkmal ist das größte Europas.
Zur Völkerschlacht von 1813 (Napoleon und die Sachsen gegen Preußen, Russen, Österreicher) finde ich noch Folgendes bedeutsam:
Leipzig hatte 1813 etwa 33000 Einwohner, bei der Schlacht standen sich mehr als 500000 Soldaten gegenüber, 120000 Tote, 120000 Verletzte – die dann ja alle von den wenigen Einwohnern versorgt werden mussten. Es war die erste Massenschlacht der Neuzeit.


Es gäbe noch so vieles anzusprechen, z. B. das Schillerhaus, in dem Schiller 1785 das Lied an die Freude schrieb – heute als Beispiel bäuerlicher Bauten aus dem 18. Jahrhundert als einziges in einer völlig anderen Umgebung (Gründerzeit) erhalten.

Nach der empfehlenswerten Rundfahrt  - die auf dem Augustusplatz endet (Walter Ulbricht hatte hier 1968 die Paulinerkirche abreißen lassen – erst jetzt kann man die Baulücke wieder mit einem spektakulären Neubau schießen) – brauche ich erst Mal eine Pause! Mir schwirrt der Kopf und ich verarbeite die Infos auf einer sonnigen Parkbank an der Thomaskirche.


Die Thomaskirche - Wirkungsstätte Bachs - schon bei Beginn seines Wirkens 500 Jahre alt.

Mittwoch, 17. Juli 2013

Fünf Tage Leipzig im Juli


Auch Leipzig steht schon lange auf der Liste meiner Wunschziele und so habe ich endlich fünf Tage für meine Stadterkundung reserviert. Leipzig eilt ja der Ruf voraus, eine besonders interessante Stadt zu sein, doch ich habe auch unterschiedliche Einschätzungen gehört. Viele Jahre war Leipzig von langanhaltenden Baumaßnahmen betroffen. Die Stadtsanierung brauchte Zeit. Nicht erstaunlich, denn Leipzig ist die größte Stadt der neuen Bundesländer (über 530000 Einwohner) – entsprechend riesig war die Aufgabe.
Doch ich lerne nun Leipzig in einem inzwischen erheblich sanierten Zustand kennen – und bin begeistert. Am ersten Tag nehme ich mir Zeit, um einfach in Ruhe durch die Innenstadt zu bummeln und Pläne für die nächsten Tage festzulegen. Schließlich muss ich auswählen. Eigentlich interessiert mich ja alles, aber das ist in fünf Tagen nicht realisierbar.
Als erstes geht mein Weg zur Touristinfo und dann zum Alten Rathaus. Während ich dort unter den Arkaden einen Mittagsimbiss einnehme, sehe ich mir das bunte Treiben auf dem Marktplatz an. Die Vielfalt und Qualität der Früchte lockt zum Einkaufen, doch als Tourist entscheide ich mich für Unverderbliches – und kaufe bei einem originellen Stand (Werners sächsische Tradition), der Zubereitungen für Sächsische Quarkkeulchen und  Hefeplinsen anbietet. Anschließend schlendere ich an den Ringstraßen vorbei und durch das „Drallewatch“ Viertel mit seinen einladenden Kneipen und Restaurants.


Drallewatsch - die Kneipenmeile 1996 als Initiative von 24 Leipziger Wirten gegründet

 Ich  genieße den Blick auf die Fassaden aus der Zeit um 1900, besuche das Denkmal Goethes auf dem Naschmarkt, die Nikolaikirche und natürlich die vielen Lichthöfe und Passagen, für die Leipzig berühmt ist.


 Barthels Hof - das letzte erhaltene barocke Durchhaus aus der Zeit der Warenmesse (1750)

Speck`s Hof Richtung Hansa Haus

So erfahre ich, dass Leipzig um 1900 als Messestadt den Warenverkauf  änderte. Bis dahin wurden Warenmessen durchgeführt.  Um 1900 entstanden die vielen Mustermessehäuser, in denen nun Warenmuster  2 – 3 mal im Jahr bei den großen Messen präsentiert wurden.  In diesem Zusammenhang wurde das mittelalterliche Leipzig abgerissen und die jetzt das Stadtbild prägenden Bauten aus der Zeit des frühen 20. Jahrhunderts errichtet.
Die Innenstadt weist außerdem ein verlockendes Angebot an kleinen und größeren Geschäften auf, ein richtiges Einkaufsparadies – Schuhläden, Küchenläden, Juweliere. Da macht mir das Stöbern Spaß.

Bei hochsommerlichen Temperaturen geht der Tag auch zu Ende. Es ist gar nicht so leicht, ein passendes Restaurant zu finden, obwohl hier an allen Ecken und in vielen Straßenzügen endlos viele Restaurants sind – aber alle sind außerordentlich bevölkert. Ganz Leipzig scheint auf den Beinen zu sein und Mitten in der Woche Essen zu gehen. Schließlich entscheide ich mich für das Brauhaus an der Thomaskirche, wo ich gerade einen wieder frei werdenden Tisch entdecke.

Abendstimmung vor der Thomaskirche

Samstag, 25. Mai 2013

HH IBA Wilhelmsburg Mitte (Teil II)

Es regnet in Strömen, als ich mit der Erkundung von Wilhelmsburg Mitte beginne. Gepriesen als "innovativstes Neubau-Quartier Europas" bietet es u.a. ein Algenhaus, das in einer Glasfassade mit Hilfe von Photosynthese selbst Energie produziert, mehrere sogenannte Soft - Material- Houses, die für nachhaltiges Bauen stehen und ein Hybrid- Haus, das sich durch flexible Raumeinteilung wechselnden Wohn- und Arbeitsverhältnissen anpasst.
Doch zuerst betrete ich das Case Study #1 Haus. Hier will ich mir die Präsentation des "digitalen Wohnzimmers" durch den NDR  ansehen, die in einer der Wohnungen stattfindet.  Da um 14:00 Uhr  eine Einführung gegeben wird, will ich unbedingt rechtzeitig dabei sein, denn nur eine begrenzte Teilnehmerzahl wird hereingelassen. Doch ich hätte mir keine Sorgen machen müssen - dank des anhaltenden Regens bin ich sogar die einzige. Drei Mitarbeiter des NDR sind nur für mich da, ich sitze  in  der 45qm Wohnung, die der Privatinhaber zur Verfügung gestellt hat und erfahre alles über HBB Fernsehen, Smart TV,  DAB Plus, die neue Werbekampagne der ARD etc.
Erfreut stelle ich fest, dass ich dank meiner eigenen medialen Ausrüstung schon auf der richtigen Spur bin und begebe mich in eine andere Wohnung des Case Study #1. Diese ist als Musterwohnung eingerichtet. Eine hilfsbereite Dame erklärt mir das innovative Baukastensystem dieses Hauses: ein Modulsystem erlaubt Loftwohnungen unterschiedlicher Größe (45 - 140 qm) mit flexiblen Inneneinteilungen. Dabei wird die Grundeinheit (45qm) verdoppelt oder mit einem Maisonetteil nach oben verdreifacht. Ich bin beeindruckt, stelle aber fest, dass die Größe der von mir besichtigten Wohnung 140 qm durch die fehlenden Zwischenwände und die Anthrazitfarbe deutlich kleiner wirkt. Schick ist das Objekt auf jeden Fall.

Und so sieht das Haus von außen aus:


Weiter geht es zum Algenhaus, zum Soft Haus mit Textilfassade und Vollholzbauweise, sowie zum Hybrid Haus. Einige dieser Wohnungen stehen zum Kauf, andere zur Miete. Schwer zu sagen, was mir am besten gefällt. Ich versuche jeweils die Räume auf mich wirken zu lassen, um einen inneren Kontakt aufzunehmen. Wie die Bewohner hier wohl leben werden?

                                                 
                                                   Oben und unten: Im Hybrid Haus
                                               

Zum Abschluss suche ich noch einmal den Infopoint auf, schon zum dritten Mal an diesem Tag. Dort stehen immer gesprächsbereite und motivierte Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen bereit, die mir geduldig meine Fragen beantworten. Am Ende meines IBA Aufenthaltes weiß ich so mehr über "Urban Gardening", "Urban Design" und Metrozonen - und bin motiviert wiederzukommen, um weitere Schwerpunkte der IBA zu entdecken!

HH Wilhelmsburg IBA - Einstieg und Überblick

Es beginnt sich einzuregnen, als ich am Morgen zur IBA nach Wilhelmsburg aufbreche. Kalt ist es außerdem, aber für mich das ideale Wetter. So werden wenigsten nicht allzu viele Touristen die von mir bevorzugten Ziele aufsuchen!
Schon vor 10 Tagen konnte ich bei meinem Besuch der Internationalen Gartenschau einen Blick auf spektakuläre Neubauten werfen. Nun will ich mir einige Gebäude von innen ansehen und an einer Busrundtour teilnehmen.
Unterwegs rekapituliere ich noch einmal die zentralen Schlagwörter: Wilhelmsburg als größte Flussinsel Europas und größter Stadtteil Hamburgs soll mit der Internationalen Bau Ausstellung innovative Antworten auf die zur Zeit drängenden Fragen des Städtebaus geben. Das Logo der IBA stellt anschaulich den "Sprung über die Elbe"( das Leitbild der Hamburger Politik seit 2004) dar, zu dem HH mit IGS und IBA ansetzt.
In Wilhelmsburg angekommen, verlasse ich den ebenfalls neu erbauten S- Bahnhof, um über eine ausgreifende Brückenkonstruktion den neuen Stadtteil W-Mitte zu erreichen. Hier ist noch vieles im Bau, so z.B. ein neues Einkaufszentrum neben dem Bahnhof oder Teile der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Letztere zeichnet sich aber schon in den äußeren Konturen ab: ein langgestreckter Wellenbau mit aufragendem Tower.

Hinter mir befindet sich das Gelände der IGS. Die leuchtenden  Rhododendrenbüsche glänzen im Regen und ziehen meinen Blick magisch an, während ich auf den Bus warte.


 Ich komme mit drei älteren Schweizern ins Gespräch, die extra für die IBA angereist sind. Das Wetter stört sie nicht, in der Schweiz sei es jetzt auch nicht anders.
Nun beginnt für mich eine einstündige Rundfahrt, begleitet durch engagierte IBA Guides, die während der Fahrt die Entwicklung Wilhelmsburgs und wichtige Bauprojekte erläutern Zuerst fahren wir am aus dem Mittelalter stammenden Alt-Kirchdorf vorbei, dann an der 70 Jahre Hochhaussiedlung Kirchdorf Süd. Nun geht es am Deich entlang weiter zur Harburger Schlossinsel, dann über die Wilhelmsburger Reichstraße zum Energieberg.
Bei diesem handelt es sich um die alte Mülldeponie Georgswerder, die zu einem wichtigen Teil des neuen Energiekonzeptes geworden ist. Der Energieberg mit Photovoltaikanlagen und Windkrafträdern soll mit dafür sorgen, dass sich Wilhelmsburg in wenigen Jahren selbst mit Strom versorgen kann. Man könnte aussteigen, und den Berg auf einem Stelzenhöhenweg erkunden - aber dafür regnet es zu stark. Also fahre ich weiter: zum IBA Dock am Müggenberger Zollhafen und weiter durch das Reiherstiegviertel mit Energiebunker. Gerade letzteres Viertel - Gründerzeit und 30ziger Jahre - finde ich hoch interessant. Aber für heute habe ich mir Wilhelmsburg Mitte als Schwerpunkt vorgenommen.
Wieder in W - Mitte angekommen, nehme ich mir die  Zeit für einen Mittagsimbiss mit Kaffee und interessanten Gesprächen im Infopoint, bevor ich zum zweiten Teil meiner Erkundungstour aufbreche.

Dienstag, 7. Mai 2013

Bremerhaven - Stadteindrücke und Resümee

Meine Eindrücke Bremerhavens haben im Verlauf meines Aufenthalts deutlich an Konturen gewonnen. Als ich eintraf, hatte ich die imposanten Nacht- Bilder der neu erbauten Hafenwelten aus den Prospekten im Kopf. Doch welche Atmosphäre hat die Stadt jenseits des neuen Touristenzentrums?
Das Herz Bremerhavens bildet die Fußgängerzone der Bürgermeister-Smidt-Straße. Ein Bereich, der im Krieg völlig zerstört wurde. Betritt man diesen vom Theodor- Heuss-Platz her fällt erst mal das schäbige leerstehende Nordseehotel auf. Die gesamten Gebäude hier stellen einfache Nachkriegsarchitektur dar, ergänzt durch eine Glasüberdachung aus den 90ziger Jahren, die sich zu beiden Seiten an den Häusern entlang zieht. Ein Einkaufszentrum aus den 70ziger Jahren, eine große Backsteinkirche und eine Wasserspringinstallation ergänzen das Ensemble. Das alles kontrastiert mit den Erwartungen, die durch die Prospekte ausgelöst werden. Wie lassen sich  diese unterschiedlichen Ansichten  Bremerhavens verbinden?


                                    Mit Fotos ähnlicher dieser Nachtansicht wirbt Bremerhaven.

Doch der Versuch eine genauere Vorstellung von Bremerhaven zu bekommen lässt mich nicht los und so laufe ich stundenlang durch die Stadt und unterhalte mich mit Einwohnern über ihre Eindrücke.
Über die Deichstraße zur Hafenstraße Richtung Lehe. Eine gute Entscheidung. Die Hafenstraße ist eine Mulitkulti -Straße. Hier stehen auch noch viele Gebäude aus Gründerzeit und Jugendstil. Auch ein Blick in die Nebenstraßen lohnt.

Am Ernst - Reuter- Platz laufe ich Richtung Goethestraße und entdecke das Projekt "Altstadtrundweg". Sehr aussagekräftig wird hier die Geschichte eines Teilquartiers auf Infotafeln präsentiert, z .B. die" Geschichte der schiefen Häuser" und die des" Lehener Pausenhofes". Die Goethestraße begeistert mich auch, weil es hier noch einen Vorgartenstreifen hinter Eisengitterzaun gibt.


Vor dem Bäckereicafe Schleusenstraße 3 komme ich mit einem gut gekleideten Herrn ins Gespräch, der mir erzählt, wie dieses alte Gebäude aus dem Jahre 1903 erst vor kurzem saniert wurde und nun - über dem Cafe - ein Mehrgenerationenhaus beherbergt. Er ist im übrigen ganz angetan von der Fußgängerzone, nennt sie eine beliebte Shoppingmall. "Wer einmal in Bremerhaven gewohnt hat, kommt wieder; wer neu nach Bremerhaven zieht, will nicht mehr weg." - so seine Rede.
Ich laufe weiter. Wie ich gehört habe, ist der hintere Teile der Bürgermeister - Smidt- Straße - (keine Fußgängerzone, ehemalige "Kaiserstraße") sehenswert und soll städtebaulich entwickelt werden. In Teilen eine Szene- Straße erzählen die Geschäfte vom Leben der Bewohner. Hier finden sich noch kleine Fachgeschäfte, wie sie sonst selten geworden sind. Vieles abgenutzt und ausgeblichen, aber lebendig.  Ein bisschen wie ein Blick in eine Stadtvergangenheit, die heutzutage oft den Kettenläden mit Einheitsfassaden aufgeopfert wird.
Zum Schluss erreiche ich wieder die Fußgängerzone - und tatsächlich: Als ich vor der Wasserinstallation im Sonnenschein sitze, gefällt mir  die "attraktive Shoppingmall". 50ziger Jahre Architektur bleibt überschaubar. Hier kann man heimisch werden.


Vieles bliebe noch zu entdecken (Schifferfahrtsmuseum - ein Hans-Scharoun-Bau; die Überseehäfen u.a.). Aber meine Zeit hier ist erst mal vorbei. Mit dem Eindruck, unterschiedliche Facetten Bremerhavens aufgespürt zu haben, fahre ich wieder nach Hause. Mit im Gepäck: die lokale Nordsee Zeitung und Infomaterial der örtlichen Baugenossenschaft. So kann ich unterwegs noch  meine Einblicke in Wirtschafts- und Wohnverhältnisse erweitern.








Montag, 6. Mai 2013

Bremerhaven - Schaufenster Fischereihafen

In den vergangenen 10 Jahren versucht Bremerhaven immer stärker den Tourismus zu fördern, um die Einbrüche nach der Werftenkrise auszugleichen.
Neben den erwähnten Museen entstand vor allem das "Schaufenster Fischereihafen". Unter dieser Bezeichnung firmieren nun eine ganze Reihe von Angeboten: ein Seefischkochstudio, die Erlebniswelt Atlanticum, eine Fischräucherei, ein historisch anmutendes Halbrund von Fischrestaurants und Touristenlädchen. Ein neues Luxushotel mit Sicht auf den Hafen wird gerade gebaut. Das ganze Ensemble vermittelt fraglos maritime Atmosphäre, wenngleich etwas touristisch inszeniert.

Interessanter als der Fischereihafen ist mir im Grunde der Weg dorthin. Überall in der Stadt findet sich eine gute Ausschilderung, die hilft, die angestrebten Ziele zu erreichen. Das ist auch wichtig, denn z.B. der Fischereihafen ist mehrere Kilometer von der Innenstadt entfernt. Hier macht sich bemerkbar, dass Bremerhaven eben doch eine Großstadt ist (120 000 Einwohner) und eben aus mehreren Orten entstand. Vom Auswandererhaus brauche ich etwa 45 Minuten zu Fuß. Es gibt auch einen Bus, der die neuen Hafenwelten verbindet. Aber ich liebe die Erkundung zu Fuß, das Wetter ist schön  und so entdecke ich die Weserfähre, ein Gewerbegebiet und gute Radwege, die die verschiedenen Ortsteile verbinden.
Ich frage mich, was diese Entfernungen für die touristische Vermarktung bedeuten. Mit einer netten Dame aus der Touristinfo am Fischereihafen komme ich über die wirtschaftliche Situtation näher ins Gespräch. Sie weist mich noch auf den neuen Offshore Windpark hin und den sich ständig ausweitenden  Containerhafen. Aber wie viel von diesem Geld in der Stadt bleibt, kann sie auch nicht ermessen. Ich nehme mir vor, dies zu Hause zu recherchieren.
Zum Abschluss noch  ein paar maritime Bilder

                                                                 Die Weserfähre

                                           
                                                              Am Fischereihafen