Mittwoch, 2. August 2017

Schleswig - die Julius Petersen Siedlung

Es ist immer wieder erstaunlich, welche Entdeckungen man in einer Stadt machen kann, wenn man sich Zeit nimmt und abseits der vorgeschlagenen Touristenpfade auf Erkundung geht! Auch in Schleswig wartet so eine Überraschung auf mich und ich entdecke einen architektonischen Schatz:

In der Chemnitzstraße

Vom Lollfuß steige ich über Treppenstufen nach oben, quere den kleinen Grünzug Michaelisallee und stehe plötzlich an einer Straße mit einheitlicher roter Ziegelbebauung (Chemnitzstraße). Man erkennt sofort einen planerischen und gestalterischen Willen. Hier muss es sich doch wohl um eine Siedlung der zwanziger Jahre handeln, oder nicht?

Jedes Haus ist anders im Detail gestaltet
 
Individuelle Türen
 
Ich spreche eine Fußgängerin an, die gerade auf dem Weg hinunter in die Stadt ist. Sie arbeitet hier, meint aber, diese Häuser seien in den 60zigern entstanden. Mehr Glück habe ich mit einer Gesprächspartnerin, die vor ihrem Haus gerade den Garten pflegt und mir Recht gibt: Die Siedlung wurde 1927 - 1934 angelegt. Sie nennt mir auch den entscheidenden Namen "Julius Petersen", weist mich auf weitere Straßenzüge und den großen Schulbau hin. Bei ihr erfahre ich auch, dass inzwischen viele Wohnungen als Eigentum verkauft wurden. Sie wohnt in einer der letzten Mietwohnungen und kümmert sich aus persönlichem Engagement um die Pflanzen vor dem Haus.

Diese Architektur strahlt für mich Ruhe und Klarheit aus

Früher war hier auch eine Baumallee. Diese soll wieder entstehen. Die alten Sprossenfenster wurden vielfach modernisiert, aber inzwischen gibt es eine Bewegung zurück und Anwohner versuchen, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.



Aufgang zur Landwirtschaftskammer
 
Einer der Großbauten hier: Die Landwirtschaftskammer
 
In meiner Ferienwohnung recherchiere ausgehend von dem Namen weiter. Selbst auf Wikipedia ist dieses Kapitel der Stadtgeschichte nicht erwähnt. Aber an anderer Stelle (Schleswiger Nachrichten von 2010) werde ich fündig: Julius Petersen wirkte als 1925 -1934 Stadtbaurat in Schleswig. Ich stimme dem Artikel zu: Diese Bauten gehören zu den architektonisch eindrucksvollsten Schleswigs im 20. Jahrhundert.

Fassadendetail eines Einzelhauses

Es ist schade, dass dieses Kapitel der Baugeschichte touristisch gar nicht aufgegriffen wird! Gerne würde ich an einer Stadtführung durch dieses Viertel teilnehmen. Hier liegt doch eine Besonderheit Schleswigs vor, mit der man wuchern könnte ... Warum sich als Schleswig als "Wikingerstadt" (so der Zusatz seit 2015) festlegen? Man könnte auch in der Galerie der Moderne im Schloss Gottdorf auf die parallel entstandenen Bauten hinweisen.
Mein Tipp: Das Viertel um die Bellmannstraße muss man unbedingt selbst erleben!

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